Heute sprechen wir über die Hochgefühle beim Schreiben, die leider viel zu kurz andauern, im Vergleich zu den Phasen, durch die man sich durchquält und die einen manchmal glauben lassen, kreative Menschen müssten eine Veranlagung zum Masochismus haben. Denn warum sonst, tut man sich das an?!

Schreiben: Eine Gratwanderung zwischen Folter und Spaß

Vielleicht kennst du die Aussage, dass schreiben irgendwo zwischen Folter und Spaß liegt. Ich finde das absolut treffend, denn es ist wie so ein Regler, der sich mal zur einen, mal zur anderen Seite hin verschiebt. Meistens ist es also folternder Spaß oder spaßige Folter, ganz selten erreicht man den Endpunkt einer der beiden Extreme (Hint: nur einer der beiden Endpunkte bringt wirkliche Glücksgefühle). Wenn du es aber schaffst, den Regler zu Gunsten des Spaßes hin zu verschieben, dann kann es passieren, dass du ein Writer’s High erlebst.

Wenn es berauschend wird: Das Writer’s High

Vielleicht hat du schon mal davon gehört, dass Läufer nach einer längeren Laufstrecke manchmal ein Runner’s High erleben, wodurch sie das Gefühl haben, noch ewig weiterlaufen zu können. Dieses auftretende Hochgefühl im Körper ist so berauschend, dass es Läufer dazu motiviert, immer wieder loszulaufen, obwohl sie wissen, wie anstrengend, manchmal vielleicht sogar qualvoll, es ist, über einen längeren Zeitraum (meist über eine Stunde) zu laufen.

Das entsprechende Pendant beim Schreiben ist das Writer’s High. Wie die meisten von uns wissen, macht Kreativität nicht immer nur Spaß. Sie kann auch schwer und ermüdend sein. Ich wünschte, es wäre immer dieser anfängliche Begeisterungsfunken vorhanden, der, der etwas in uns entfacht, sodass wir für ein Projekt brennen. Die Realität jedoch ist, dass die Durststrecke kommen wird, weil sie immer kommt. Jedes Projekt erreicht irgendwann den Punkt, an dem es zäh wird, an dem die Worte nicht mehr von allein aufs Papier fließen. Man möchte am liebsten aufgeben, weil sowieso alles schlecht ist, was man geschrieben hat und es am Ende eh niemand lesen wird. Der Moment wird kommen, an dem man unmotiviert ist und hundert Dinge lieber machen würde, als sich hinzusetzen und den nächsten Satz zu tippen.

Die Magie hinter dem Writer’s High

Und hier kommt wieder die Analogie zum Laufen ins Spiel: Gerade, wenn es anstrengend wird, wenn wir am liebsten wieder umkehren möchten, müssen wir weitermachen. Manchmal erfordert das viel Willenskraft und wir müssen uns regelrecht zwingen, aber je länger wir durchhalten, desto näher sind wir dem nächsten Flow, desto eher kommt der Punkt, an dem der Knoten platzt und wie schade wäre es, wenn du davor aufgibst. Wenn die Worte wie von allein aufs Papier fließen und wir völlig anstrengungslos Seite um Seite runtertippen, das ist der Moment, in dem wir mit unserer Kreativität verbunden sind, in dem die Inspiration durch uns hindurchfließt. Das ist das Gefühl, in der Geschichte aufzugehen und ja, das fühlt sich magisch an. Hinterher ist man berauscht und fragt sich, woher die ganzen Ideen kamen, woher diese wundervollen Worte stammen, die sich auf magische Weise perfekt aneinanderreihen und genau das ausdrücken, was man die ganze Zeit im Kopf hatte. Diesen Zustand nenne ich Writer’s High. Und wir sind alle süchtig danach.

Der Höhepunkt unserer Kreativität

Wenn wir uns im Writer’s High befinden, ist unsere Kreativität auf ihrem Höhepunkt und wir auf dem Maximum unserer schöpferischen Tätigkeit. Dann wissen wir, das Schreiben ist unsere Berufung. Oder um es mit den Worten von Cassandra Clare (aus Clockwork Prince) auszudrücken:

We live and breathe words.

Die Erwartung eines Writer’s High und dieses Gefühl wie im Rausch zu schreiben, lässt uns Autoren immer wieder zu unserem Manuskript zurückkehren. Wir widmen uns mit Hingabe unseren Texten und halten durch, selbst wenn die Inspiration uns über Monate, manchmal sogar Jahre verlässt und jedes Wort, jeder Satz nur zäh von der Hand geht. Dann erscheinen die nächsten 100 oder 200 Seiten ein unüberwindbares Hindernis und das Wörtchen ENDE ist so fern, dass wir noch nicht einmal den Tunnel sehen, an dessen Ende das Licht auf uns wartet. Doch jede Durststrecke geht vorüber und was dir dabei helfen kann, in diesen Flow-Zustand zu finden, ist zum Beispiel Schnellschreiben. Wie genau das geht, habe ich dir in diesem Artikel zusammengefasst. Im Prinzip ist es aber wie bei den Läufern: Man hört nicht nach zehn Minuten Training auf, sondern versucht 2k-4k Wörter am Tag zu schreiben, um es sich selbst leichter zu machen, in den Schreibfluss zu kommen.

Der Schlüssel ist Kontinuität

Je öfter und je länger du schreibst, desto wahrscheinlicher ist ein Writer’s High.

Oder anders gesagt: Du schreibst nicht jeden Tag für eine halbe Stunde, sondern lieber 2 mal pro Woche für 3-4 Stunden am Stück, denn das hilft dir, tiefer in die Geschichte einzutauchen und nicht nach kurzer Zeit, noch bevor du im Flow bist, schon wieder herausgerissen zu werden. Der Vorteil an dieser Methode ist nicht nur das berauschende Gefühl, das man hat, wenn man richtig tief in seiner Geschichte versinkt, sondern auch, dass die Szenen, bei denen du im Flow warst, sehr wahrscheinlich deine besten sind und am wenigsten Überarbeitung brauchen. Du siehst: Kontinuität ist hier das Stichwort. Je öfter und je länger du schreibst, desto wahrscheinlicher ist ein Writer’s High.

Trainiere deinen Schreibmuskel

Vielleicht motiviert dich ja der Gedanke, dass sich das Writer’s High nach schwierigen Phasen umso schöner anfühlt. Ich glaube auch, dass dieses berauschende Gefühl mit einer der Gründe ist, warum wir uns nach einem Buch, trotz des Wissens um die Plackerei, die es bedarf, um dieses Buch zu schreiben, hinsetzen und ein neues Projekt anfangen. Einfach, weil es so schön ist zu schreiben und wir Freude an unserer Kreativität haben. Es ist wie bei dem Läufer in meiner Analogie. Wir trainieren unseren Schreibmuskel, gewinnen mit jeder geschriebenen Seite an Ausdauer und Kondition, und je stärker unser Schreibmuskel wird, desto leichter kommen wir durch Durststrecken und nähern uns mit großen Schritten dem nächsten Writer’s High.

Und nun bin ich neugierig: Hast du schon mal ein Writer’s High erlebt? Wie hat es sich für dich angefühlt? Verrate es mir in den Kommentaren!

 

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